Schwerelos im Windtunnel schweben
Auf dem Gelände der ehemaligen Großbäckerei Jaus in Zuffenhausen soll ein sogenannter Sportsdome entstehen. Auch zwei Bürogebäude und Gastronomie sind geplant. Laut den Investoren ist das Projekt in dieser Form Weltweit einzigartig.
„Mit 300 km/h durch Zuffenhausen. Ganz ohne Knöllchen“ – so lautet die Aufschrift auf
dem großen Plakat, das vor einem brachliegenden Grundstück an der Stammheimer
Straße steht. Dem staunenden Betrachter kommt bei solch einem Spruch wohl
zuallererst die Firma Porsche in den Sinn – schließlich residiert die ganz in der Nähe und
ist dafür bekannt, schnelle Sportwagen zu bauen. Doch weit gefehlt: Auf dem Gelände,
das seit einiger Zeit ungenutzt ist, soll ein sogenannter Sportsdome entstehen. Neben
Surfen, Golf und Bouldern gehört auch ein Windtunnel zum Konzept. In dem können
abenteuerlustige Zeitgenossen frei in der Luft schweben – die mit bis zu 300
Stundenkilometern bläst.
Die Flughöhe im Windkanal liegt bei 20 Metern
„In dieser Form gibt es meines Wissens weltweit nichts Vergleichbares“, sagt Ingbert
Jaus. Ihm gehört das rund 12 000 Quadratmeter große Areal, auf dem unter anderem
eine Kletter- und Boulderhalle („Rockerei“) steht. Diese soll nun durch weitere
sportliche Angebote, aber auch durch Gastronomie und zwei Bürogebäude ergänzt
werden. Dazu wurde eine Betriebsgesellschaft gegründet, zu der neben der Jaus
Grundstücksverwaltungsgesellschaft noch die Firmen Tunnel Tech und EVG Lufttechnik
gehören (letztere beide gehören zu einer Firmengruppe aus Eberdingen). Was den
Windkanal angeht, haben Tunnel Tech und die EVG Group bereits einige Erfahrungen
mit ähnlichen Projekten – sie lieferten die Technik für rund ein Dutzend solcher Anlagen
weltweit. Solch eine Kombination wie in Zuffenhausen, das betonen alle Beteiligten,
gebe es sonst aber noch nirgendwo.
Beim Indoor Skydiving wird der freie Fall simuliert – das ähnelt einem Fallschirmsprung,
aber in einer Röhre, ohne Fallschirm und ohne Flugzeug. Große Ventilatoren erzeugen
einen Luftstrom, dessen Stärke geregelt werden kann. In Zuffenhausen soll die Flughöhe
bei bis zu 20 Metern liegen. Grundsätzlich sind solche Anlagen – unter vorheriger
Einweisung und mit der notwendigen Schutzkleidung – von Freizeitsportlern ebenso
nutzbar wie von professionellen Fallschirmjägern, die dort den realen Sprung üben
können.
Schweben, surfen, golfen und klettern
Nicht nur Luft, auch Wasser spielt im Konzept des Sportsdome eine große Rolle. In
einem 27 Meter langen und zehn Meter breiten Bassin kann gesurft werden. Die
Intensität der künstlich erzeugten Welle ist regelbar, damit Anfänger wie auch Profis
aufs Surfbrett steigen können.
Ergänzt werden soll das sportliche Angebot mit drei Golf-Simulatoren, einem Platz für
Padel-Tennis sowie einer Open-Air-Boulderanlage auf dem Dach des Neubaus. Diverse
Gastronomiebereiche (auch im Innenhof) sollen dafür sorgen, dass keiner der Sportler
hungrig oder durstig nach Hause gehen muss.
Direkt neben dem Sportsdome sind zwei vierstöckige Bürogebäude mit insgesamt 4000
Quadratmetern Nutzfläche geplant, die durch einen Glasturm miteinander verbunden
sind. „Wir können uns gut vorstellen, dass dort junge Start-up-Unternehmen einziehen“,
sagt Jaus. Auch eine Tiefgarage mit 80 Plätzen ist Teil des Projekts. Mit Wärme und
Strom versorgt werden sollen die Gebäude durch ein ganzheitliches energetisches
Konzept, bei dem unter anderem auch Energierückgewinnung zum Einsatz kommt.
Im Idealfall könnte der Sportsdome an Weihnachten 2024 eröffnet werden
Zwischen 40 und 45 Millionen Euro sind die momentan geschätzten Baukosten für das
Gesamtvorhaben. Der Bauantrag wurde vor Kurzem eingereicht, die Investoren hoffen,
dass sie spätestens in sechs Monaten die Genehmigung bekommen. Im Idealfall könnte
der Sportsdome an Weihnachten 2024 eröffnet werden. Laut Jaus hatte das Projekt
einen Vorlauf von gut einem Jahr, in dieser Zeit gab es einige Änderungen. So sei unter
anderem nach Absprache mit dem Amt für Stadtplanung und Wohnen die ursprünglich
geplante Gebäudehöhe reduziert worden. Sie soll nun bei maximal 19 Metern liegen.
Um trotzdem alles unterbringen zu können, werde bis 12 Meter in die Tiefe gebaut.
Früher wurden auf dem Areal an der Stammheimer Straße Backwaren der Firma Jaus
hergestellt. Die Produktion lag bei täglich bis zu 80 Tonnen – unter anderem 15 000
Brötchen am Tag. 1987 hatte Jaus die Fabrik an eine amerikanische Firma verkauft,
trotzdem wurde in Zuffenhausen noch bis 2003 weiter produziert.
Von Bernd Zeyer (Stuttgarter Zeitung)